Dienstag, 20. Dezember 2011

Bei chronischem Tinnitus: Ruhe durch Geräusche

Jeder Betroffene kennt das Phänomen, dass ein Tinnitus tagsüber leise sein kann oder sogar zeitweise ganz aus dem Bewusstsein verschwindet, abends im Bett aber plötzlich wieder sehr laut und präsent ist. 

Das liegt an der Hörverarbeitung: Tagsüber verliert der Tinnitus seine Wahrnehmbarkeit, da er sich mit den anderen Geräuschen mischt. Abends in ruhiger Umgebung wird er dann wieder deutlich identifizierbar und  aufgrund seines bedrohlichen Charakters sogar noch verstärkt. Sich in eine möglichst ruhige Umgebung zurückzuziehen, führt also nicht zu mehr Ruhe, sondern im Gegenteil zu verstärkten Geräuschen, während umgekehrt vor dem Hintergrund vieler verschiedener Geräusche der Tinnitus leiser wird. 


 Vergleichen kann man das mit dem Licht einer Kerze, das in einem dunklen Raum sehr hell wirkt, bei normalem Tageslicht aber kaum noch auffällt, weil die Umgebungshelligkeit es „verschluckt“. 




Diese Veränderung der Reizwahrnehmung durch die Beimischung anderer Reize kann man sich auch bei der Behandlung von Ohrgeräuschen zunutze machen. 

Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, den Tinnitus zu verdecken, sondern ihn lediglich so mit anderen Geräuschen zu mischen, dass er nicht mehr bewusst wahrgenommen wird.

Am besten eignen sich hierfür neutrale und naturnahe Geräusche wie Wasserrauschen, Blätterrascheln oder Vogelgezwitscher, da sie gleichzeitig zu einer Beruhigung des vegetativen Nervensystems führen und damit im doppelten Sinn für Ruhe sorgen. Bei ständig wechselnder Geräuschkulisse kann auch ein sogenannter Noiser sinnvoll sein. Das sind kleine Geräte, die wie ein Hörgerät im Ohr getragen werden und die ein kontinuierliches neutrales Frequenzgemisch von sich geben, ein so genanntes „weißes Rauschen“. Dieses dient als eine Art akustisches Sicherheitsnetz und verhindert ein plötzliches Absinken der Umgebungsgeräusche unter ein kritisches Niveau. 

Liegt bereits eine deutliche Hörminderung vor, ist dringend zur Anpassung von Hörgeräten zu raten, da hierdurch die normalen Umgebungsgeräusche wieder hörbar werden und dadurch der Tinnitus automatisch unterdrückt wird. Ähnlich wie bei Medikamenten zur Schmerztherapie ist dabei die regelmäßige und rechtzeitige Geräuschanwendung wichtig. Dann ist sie einer der wichtigsten Bausteine in der Behandlung des chronischen Tinnitus.

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