Mittwoch, 16. Mai 2012

Hörtraining

Die zentrale Hörverarbeitung hat die Aufgabe, wichtige Geräusche zu verstärken und unwichtige (Stör-)Geräusche zu unterdrücken. Normalerweise führt das dazu, dass wir zum Beispiel bei einem Gespräch an einer lauten Straße das Gegenüber gut verstehen, während uns die Verkehrgeräusche garnicht bewusst werden. Durch dauerhafte akustische Überlastung,  Schwerhörigkeit oder chronische Ohrgeräusche kann es jedoch zu einer Störung der Hörverarbeitung kommen.
Die Folge sind entweder eine fehlerhafte Verstärkung von Störgeräuschen und damit eine Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis) oder eine mangelnde Verstärkung wichtiger akustischer Informationen und damit eine scheinbare Schwerhörigkeit.

Da es sich hierbei um eine rein funktionelle Störung, sozusagen um einen Softwarefehler handelt und nicht um eine irreversible Schädigung der Hörbahn, lässt sich durch ein geeignetes Hörtraining eine reguläre Hörverarbeitung wieder erlernen.

1. Geräuschüberempfindlichkeit:  

Eine Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis) entsteht immer dann, wenn das Ohr z.B. durch eine Schwerhörigkeit nicht genug Informationen an das Gehirn liefert. Da akustische Informationen unter Umständen lebenswichtig sind (Autoverkehr...) beginnt die Hörverarbeitung alle Außengeräusche maximal zu verstärken und so werden auch die Störgeräusche immer lauter. Paradoxerweise kann es also bei jeder Schwerhörigkeit potenziell auch zu einer Geräuschüberempfindlichkeit kommen, was z.B. bei einer Hörgeräteanpassung häufig dazu führt, dass die Patienten alles als viel zu laut empfinden.

Aber auch bei Tinnitus und ganz allgemein in Stresssituationen kann es zu einer übermäßigen Verstärkung von Störgeräuschen kommen. Das liegt ebenfalls an dem Informationsbedürfnis des Gehirns, dass vor allem in Stresssituationen besonders groß ist, um eine drohende Gefahr möglichst gut einschätzen zu können. Jeder kennt z.B. die Situation, wenn er nachts im Dunklen wach wird und dann aus Angst vor Einbrechern jedes Knacken im Haus extrem laut wahrnimmt.



Die erste Regel bei der Therapie lautet: Niemals Ohrenstopfen tragen, auch wenn das eine naheliegende Idee ist: Man simuliert damit eine Schwerhörigkeit und die Hörverarbeitung verstärkt nur um so mehr alle Außengeräusche! Stattdessen sollte man sich 20-30 Minuten am Tag eine angenehme Musik aussuchen und diese etwas lauter als einem eigentlich angenehm ist, hören. Hierdurch werden die Unterdrückungsmechanismen der Hörverarbeitung aktiviert ohne dass durch die angenehme Musik Stress entsteht und nach 6-8 Wochen ist die Geräuscheüberempfindlichkeit in der Regel verschwunden.

2. Scheinbare Schwerhörigkeit: 

 Vor allem, wer "viel um die Ohren hat", gerät in die Gefahr, dass die ständige Geräuschkulisse dazu führt, dass die Hörverarbeitung irgendwann alles für unwichtig hält und folgerichtig unterdrückt. Telefonisten, Lehrer und Menschen mit unentwegter Beschallung verstehen dann irgendwann auch nicht mehr die Dinge, die sie eigentlich hören wollen.



Hier hilft ein Hinhören lernen. Man sollte sich dazu 20-30 Minuten am Tag ein Hörbuch oder einen anderen gesprochenen Text anhören und diesen etwas leiser stellen als man es eigentlich tun würde. Dadurch werden die Verstärkungsmechanismen vor allem für Sprachinformationen trainiert. Auch bei einer beginnenden Schwerhörigkeit kann dieses Training helfen, länger alles mitzubekommen.

Da es sich in beiden Fällen um ein Training handelt, sollte man es bewusst langsam angehen lassen und nicht auf zu schnelle Erfolge hoffen. Ähnlich wie beim Training mit Hanteln sollte man auch erst mal mit "leichten" Übungen beginnen und dann nach und nach das Programm erschweren.

Spezielle apparative Hörtrainings werden teilweise auch von HNO-Ärzten und Akustikern angeboten. Sie sind jedoch kostenpflichtig, da sie nicht Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen sind.

Welches Hörtraining im Einzelfall sinnvoll ist, kann ein Gespräch mit dem HNO-Arzt klären: www.hno-praxis-duisburg.de


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